Zwei Veröffentlichungen richten aktuell den Blick auf das Thema Vorlesen und beziehen verschiedene Studien mit ein. Dabei werden mit dem folgenden Interview zunächst die verschiedenen Facetten des Themas aufgezeigt und zu den dabei wichtigen Aspekten differenzierte Überlegungen angestellt:
„Geistige Entwicklung besteht nicht in der passiven Übernahme von Wissen, sondern in der aktiven Konstruktion von Bedeutung.“ Elsbeth Stern*
Bildung für nachhaltige Entwicklung durch Vorlesen und Erzählen für Kinder im Vor- und Grundschulalter? Dafür gibt es eine Fülle von Möglichkeiten, wenn es gelingt, eine Brücke zur Lebenswelt der Kinder zu schlagen. Denn Fragen zu Themen wie „Energie“ oder „Gerechtigkeit“ oder „Leben“ wollen nicht einfach durch vorgegebenes Wissen beantwortet, sondern vielmehr im gemeinsamen Schauen, Nachdenken und Erzählen ergründet werden.
Von diesem Ansatz her lassen sich bereits mit jüngeren Kindern Zugänge zu den Zielen und Botschaften für nachhaltige Entwicklung erschließen, wie sie in der weltweit vereinbarten Agenda 2030 beschrieben sind.
Die 17 Ziele der Agenda 2030 für eine weltweite nachhaltige Entwicklung lassen sich zusammenfassen in 5 Kernbotschaften. Von diesen Kernbotschaften kann man Kindern mit Bildern und Geschichten erzählen: lebendig, kreativ, sinnlich, erfahrungsbezogen, dialogisch…
Die folgende Übersicht knüpft an die Inhalte der 5 Kernbotschaften im Blick auf eine daran orientierte Bilderbuchauswahl an und gibt Hinweise auf konkrete Buchtitel, die sich im jeweiligen Kontext ins Gespräch bringen lassen:
Seit mehr als 10 Jahren gehört das Bilderbuch vom Löwen in der Bibliothek zu den absoluten Vorlese-Bestsellern in den USA. In diesem Herbst ist das Buch nun auch auf Deutsch erschienen. Eines vorweg: Das Buch spielt bewusst mit alten Bibliotheks-Klischees! Die Dame mit Haarknoten und grauem Kostüm fehlt ebenso wenig wie der alte Katalogkasten und die Regel „immer leise zu sein“. Im Verlauf der Geschichte aber wird deutlich, dass alles das mit feiner Ironie und Humor bewusst überzeichnet eingesetzt wird, um es zu durchbrechen. Denn letztendlich gilt es zu hinterfragen, wann gewohnte Normen und Regeln sinnvoll sind – und wann nicht. Daraus ergeben sich in Bibliotheken gute Gelegenheiten zu Gesprächen im Anschluss an die Geschichte.
Worum geht es? Im Kontrast zur wohlgeordneten und geräuschgedämmten Welt der guten alten Bibliothek taucht umso kraftvoller und lautstark ein vitaler Löwe auf, der zunächst für Irritationen sorgt, sich dann aber auch nützlich macht – und vor allem die Herzen der Kinder gewinnt. Es passiert eine Menge in diesem Buch – und weil „Geräusche“ dabei immer wieder Thema sind, lassen sich im Nachklang zum Vorlesen einige Szenen aus der Geschichte sehr schön in einem Mitmach-Lied aufgreifen, das beim gemeinsamen Singen ganz unkompliziert zu eigenen Klangimprovisationen einlädt.
Einfach mal zum Nachdenken: Kann es irgendwann selbstverständlich werden, Bücher für alle in Bibliotheken für alle anzubieten? Wie und wo ließe sich ein solches Angebot beginnen, realisieren und bekannt machen? Mit welchen Partnerinnen und Partnern können dabei Kooperationen entstehen?