Nicht mit dem Taxi nach Paris…sondern mit dem Kamishibai nach Berlin ging es Ende Januar unter dem Motto „Das weiße Blatt“. Hinter dem Motto verbirgt sich eine Idee der Büchereizentrale Schleswig-Holstein für die Erzähl- und Leseförderung der Bibliotheken im nördlichen Bundesland: Wie erfahren Kinder etwas über Frieden und Gerechtigkeit, Schätze des Lebens und ein gutes Miteinander in der Welt? Und wie können sie ihre eigenen Gedanken dazu ausdrücken? Mit Bildern und Geschichten zum Beispiel – und durch Begegnungen mit anderen Menschen, die in Bibliotheken in einem lebendigen Austausch mit Kitas, Schulen und Familien zueinander finden. Oft kommt dabei das Kamishibai-Erzähltheater zum Einsatz: Denn Lernen mit allen Sinnen und Erfahrungen teilen durch Begegnung, Bilder und Geschichten gelingt damit besonders gut. Und am Anfang des kreativen Prozesses steht immer wieder ein „weiße Blatt“…
Um Frieden, Gerechtigkeit, um Schätze des Lebens und ein gutes Miteinander geht es ebenso bei den 17 Zielen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. An diesem UN-Entwicklungsplan für mehr gemeinsame Verantwortung bei globalen Herausforderungen wirken Menschen in aller Welt mit.
Nun ist die Agenda 2030 keine Bildergeschichte, die sich für Kinder im Vor- und Grundschulalter leicht erschließt. Auch lässt sich allein mit Geschichten nicht die Welt retten. Aber die handlungsleitenden Prinzipien, die den Kern dieser Ziele ausmachen, die stecken als Hoffnung und Gedanken in vielen Geschichten aller Kulturen – und sie können in mehrfacher Hinsicht zu handlungsleitenden Prinzipien von Bibliotheken werden.
Denn für alle, die sich mit dem Prozess und der Bildung für nachhaltige Entwicklung befassen, gilt: Hier geht es nicht um ein „Zusatzprogramm“, sondern um ein integriertes Handlungsprinzip, das für alle Menschen gilt, die sich an diesem Ort begegnen.
Nachhaltigkeit als Haltung?
Dazu 5 Leitgedanken für Bibliotheken als Bildungs- und Begegnungsräume:
- Wir alle leben von und durch Natur, auch mit den Dingen, die uns umgeben. Was wir verarbeiten, nutzen und bewegen, wirkt sich auf die Natur aus. Wie können wir den Umgang mit Ressourcen der Erde bewusst machen und verantworten? (Planet)
- Menschen sind verschieden und die Würde des Menschen ist untrennbar mit der Achtung dieser Vielfalt verbunden. Wie können wir zum Schutz von Menschenwürde in Vielfalt beitragen? (People)
- Wohlergehen wird erfahrbar, wenn mehrere Einflüsse wie Arbeit, Gesundheit und soziale Gerechtigkeit in ein gutes Zusammenspiel kommen. Wie können wir das Wissen und Empfinden für Wechselwirkungen vertiefen, durchschaubar und handhabbar machen? (Prosperity)
- Die Herausforderung, an der Gestaltung von Leben und Zukunftschancen mitzuwirken, ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, die nur in guter Vernetzung und Kooperation gelingen kann. Wir müssen dabei immer wieder abwägen, verschiedene Perspektiven erproben und Visionen wagen. Wo wirken wir mit, ergreifen die Initiative oder öffnen uns für die Beteiligung von anderen? (Partnership)
- Wir begegnen einander mit einer Grundhaltung des Friedens. Dazu brauchen wir Einfühlungsvermögen, Empathie, aber auch den Mut, sich konstruktiv einzumischen und nötigen Konflikten nicht auszuweichen. Wie tragen wir zu einem friedlichen Zusammenleben bei und gehen auch bei Auseinandersetzungen gut miteinander um? (Peace)
Zurück zu den Kindern: Hoffnungen und Vorstellungen von einer lebenswerten Umwelt und Zukunft können sie in Bibliotheken durch eine Fülle an Geschichten entdecken. Durch diese Geschichten erfahren sie Ermutigung und Motivation, um die Natur mit staunenden Augen zu sehen und zu schützen, um ein Gefühl zu entwickeln für Menschenwürde und um sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen.
Diese Verbindungen galt es in Berlin deutlich zu machen und mit anderen Engagierten zu diskutieren: Denn das „weiße Blatt“ – konkret wie symbolisch zu verstehen als ein inspirierender Freiraum für Bilder und Erzählweisen von guten Lebenschancen – gehört zu den nominierten Ideen beim Bildungswettbewerb des Rates für nachhaltige Entwicklung: http://www.tatenfuermorgen.de/sdg-bildungswettbewerb-2/
Das Erzählen von Geschichten wie das Entdecken und Gestalten von Bildern zu den fünf Kernbotschaften der Agenda 2030 kann mit dem Kamishibai Erzähltheater in Bibliotheken und anderswo auf vielfältige Weise geschehen.
Die Fragen, die sich bei der Weiterentwicklung dieser Idee stellen, heißen z.B.:
- Welche Bilder und Kamishibai-Geschichten aus aller Welt stehen in einem spannenden Bezug zu den fünf Kernbotschaften der Agenda 2030?
- Wie werden Kinder mit ihren eigenen Ideen die „weißen Blätter“ füllen?
- Was lässt sich rund um das Erzählen mit Kindern in Bibliotheken gemeinsam auf kreative Weise entdecken – und mit dem Erleben der Natur im Freien verbinden?
- Mit welchen engagierten Partnern ergeben sich dabei neue Chancen der Zusammenarbeit?
Zu all diesen Fragen haben sich in Berlin bereits erste Perspektiven aufgetan, so dass sich jetzt schon sagen lässt: Das „weiße Blatt“ wird sich mit vielen, vielleicht überraschenden Farben und Formen weiter füllen. Und kleine wie große Menschen mit Freude an Begegnungen, Bildern und Geschichten sind eingeladen, daran mitzuwirken!
Gedanken zu den fünf Kernbotschaften (formuliert nach den „5 P’s“ , im Englischen: „People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership“, im Deutschen: „Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft“) und eine kleine Auswahl an Beispielen aus verschiedenen Ländern, die sich zu einzelnen Botschaften erzählen, bedenken und ausgestalten lassen, sind im Download Kamischibai-Geschichten zu 5 Kernbotschaften der Agenda 2030 zu finden.
Zum Weiterlesen:
Literaturempfehlung zum Thema: http://www.leuchtpol.de/veroeffentlichungen/handbuch-philosophieren.pdf
Ebenfalls zum Thema: https://www.mein-kamishibai.de/weltwissen-f%C3%BCr-kinder-ganz-praktisch
Projektbeispiel aus anderen Regionen zum Thema: Brandt-EGON-Folien-3
Als Ideenplattform zum Thema lässt sich http://kita-global.de/ sehr gut als Fundgrube für Medien und Ideen aus der Praxis für die Praxis nutzen.
Susanne Brandt