Medien-Tipps für ein gutes Miteinander: Gemeinsames Singen und Spielen als wichtige Ressource

Titelillustration von Maneis, c Verlag Don Bosco

Musik und Kunst, Fantasie und Spiel sind wichtige Ressourcen für ein gelingendes Leben. Diese Erfahrung lässt sich mit Kindern aus aller Welt sammeln – in ihren Heimatländern wie auch mit den Liedern und Spielen, die sie als Geflüchtete mitbringen und hier mit anderen Menschen teilen.

Julia Erche und Alexander Jansen – beide als Musiktherapeuten wie auch durch verschiedene kultur- bzw. heilpädagogische Tätigkeitsbereiche seit Jahren vertraut mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Lebenssituationen – erfahren die Bedeutung dieser Ressourcen bei Begegnungen mit Menschen jeden Tag.

Mit großem Einfühlungsvermögen und gespitzten Ohren haben sie sich bei den Vorbereitungen für „Ich habe meine Musik mitgebracht“ von Kindern aus rund 20 Ländern – u.a. aus Afghanistan, aus dem Irak und Iran, sowie aus vielen afrikanischen Ländern – Lieder, Spiele und Geschichten zeigen lassen. Es handelt sich dabei überwiegend um traditionelle Volks- und Bewegungsverse bis hin zu dem medial tradierten Lied aus der arabischen „Sesamstraßen“-Version, das bei vielen Kindern bekannt und beliebt ist. Mit Übersetzungshilfe ist es gelungen, die Texte für uns lesbar in der jeweiligen Originalsprache wie auch in einer sinngemäßen Übertragung ins Deutsche für die Praxis zugänglich zu machen.

Das gilt auch für die Musik: Manche als Noten festgehaltenen Melodien bewegen sich im Spannungsfeld zwischen den für uns fremden Wendungen anderer Musikkulturen und europäischen Hörgewohnheiten und finden nach behutsamer Bearbeitung hier einen Weg für das unkomplizierte gemeinsame Singen – nach Möglichkeit gestützt durch die Gitarre als Begleitinstrument. Zu Beginn eines jeden Spiels oder Liedes kennzeichnen kurze Angaben zu Inhalt und Intention, Alter und Schwierigkeitsstufe ein paar wichtige Auswahlkriterien für den Praxiseinsatz. Die beiliegende CD stellt eine Auswahl der Lieder gesungen und als Playback-Fassung vor. Im Download stehen weitere Materialien online zur Verfügung.

Zusätzlich an Wert gewinnt das breit einsetzbare und gut durchdachte Buch durch die Illustrationen des aus dem Iran stammenden Künstlers Maneis, der zu allen Kapiteln, Texten und Spielen passende Bildmotive beigesteuert hat, die die jeweiligen Stimmungen oder Spielweisen aufnehmen. Manche kennen seinen Illustrationsstil bereits durch die deutsch-arabische Bilderbuchgeschichte „Das Mädchen mit der Perlenkette“.

An einem Beispiel sei hier exemplarisch beschrieben, wie einzelne Lieder dieser Sammlung für die Praxis genutzt und entfaltet werden können:

Unter dem Titel „Ali Baba“ (S. 28) findet sich ein Lied aus Afghanistan, das von Thema und Struktur her an das aus dem Amerikanischen bekannte Lied „Old McDonald had a farm“ erinnert. Ali Baba steht hier nicht für die gleichnamige Figur aus „1001 Nacht“, sondern für einen Großvater, der als Bauer mit verschiedenen Tieren auf einem Hof lebt. Strophe für Strophe kommen Hund und Katze, Ziege, Hase und Hahn mit ihren jeweiligen Lauten zu Wort – und könnten in Variation der einfachen Textstruktur beliebig um weitere Tiere und Laute ergänzt werden. Das dazu mögliche Rollenspiel mit lautmalerisch imitierten Tierstimmen ist in vielen Regionen und Sprachen der Welt bekannt und beliebt und erschließt sich so für alle Kinder direkt aus dem Spiel heraus, ohne dass Regeln und Ablauf erst erklärt werden müssen. Auch ein Malen und Präsentieren von Tierbildern mit dem Kamishibai bietet sich als ergänzende kreative Ausdrucksform zu dem Lied an.

Ebenfalls denkbar wäre es, die fertigen Bildkarten von „Old MacDonald had a farm / Auf Bauer Hansens Bauerhof“ in Auswahl mit der Liedfassung von „Ali Baba“ zu verbinden bzw. die Bilder als Impulse zu nutzen, um die 5 vorgegebenen Strophen von „Ali Baba“ um weitere Tier-Varianten zu ergänzen.

Ein Hinweis für Büchereien in Schleswig-Holstein: Die reichhaltige Lieder- und Spielesammlung „Ich habe meine Musik mitgebracht“ wird auf der nächsten Aktuell-Liste zur Ergänzung der Bestände und speziell für die Arbeit mit Sprach-Kitas in dem Projekt „Mit Worten wachsen“ allen Bibliotheken empfohlen. Der erwähnte Bildkartensatz „Old MacDonald had a farm“ steht in der LEB zur Ausleihe bereit.

Als weiterer Medien-Tipp zu Versen und Spielen aus aller Welt sei außerdem folgende Neuausgabe von Silvia Hüsler empfohlen:

In „Kinderverse in über 50 Sprachen“ (Verlag Lambertus) präsentiert sie mehrsprachige Kinderreime aus aller Welt,  die in dieser Zusammenstellung mit CD ebenso als Grundbestand für alle Bibliotheken angesehen werden kann. Die um rund 50% erweiterte Fundgrube von Kinderreimen, Klatsch- und Fingerspielen berücksichtigt jetzt deutlich mehr Sprachen, die hier in alphabetischer Reihenfolge übersichtlich geordnet sind. Ein großes Plus bietet weiterhin die dreifache Präsentation von jedem Vers:  jeweils in Originalsprache und -schrift, dann in „lesenaher“ Lautschrift sowie in Deutsch. Manchmal gibt es dazu eine kurze spezielle Spielidee, ansonsten sind am Ende allgemeine Anregung zur Praxis mit den Versen zu finden. Die farbigen Aquarelle auf jeder Seite passen sehr gut zum jeweiligen Reim. Positiv fällt die klare Seitengestaltung auf sowie die enge Verzahnung mit der beigefügten CD. Auf dieser werden alle Reime neben Deutsch auch in der Originalsprache vorgelesen.

Das Besondere bei dieser Publikation: Angesichts des stark gewachsenen Bedarfs an mehrsprachigen Texten, die Familien aus verschiedenen Herkunftsländern in der familiären Pflege ihrer Sprachen unterstützen, bietet diese Sammlung mit ihrer aktuellen Erweiterung jetzt einen großen Sprachschatz, in dem auch seltenere Buchsprachen wie z.B. Tigrinya, Kurdisch, Farsi und Pashtu nicht fehlen.

Susanne Brandt

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